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Ich forsche zur gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen (Corporate Social Responsibility, CSR) aus wirtschaftsrechtlicher Sicht. Im Seetaler Boten vom 17. Dezember 202 (S. 14) wurde der folgende Beitrag zu meinem laufenden Dissertationsprojekt publiziert:

Welche Verantwortung haben Firmen?

Die gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen – die Corporate Social Responsibility (CSR) – wurde in den vergangenen Jahren zunehmend zum Gegenstand von gesellschaftlichen, wirtschafts- und rechtswissenschaftlichen Diskussionen. Der Corporate-Social-Responsibility-Ansatz geht im Wesentlichen davon aus, dass Unternehmen neben den Interessen ihrer Eigentümer (Shareholder) auch gewisse
Interessen anderer Anspruchsgruppen (Stakeholder) – etwa der Arbeitnehmenden und der lokalen Gemeinschaften – zu berücksichtigen haben und so zu einer nachhaltigen ökonomischen, ökologischen und gesellschaftlichen Entwicklung beitragen sollen.

Corporate Social Responsibility geht über die Einhaltung von Gesetzen (Compliance) hinaus. Gefordert wird ein sozial, ökologisch und ökonomisch verantwortungsvolles Handeln auch in denjenigen Ländern, in welchen das nationale Recht ein solches Verhalten nicht vorschreibt.

Freiwillige Standards für Firmen

Zahlreiche internationale Organisationen sowie Nationalstaaten und private Akteure wurden auf diesem Gebiet aktiv. Entstanden ist dabei eine Fülle von CSR-Standards, Verhaltenskodizes und Leitsätzen. Zu den bedeutendsten CSR-Standards gehören der UN Global Compact, die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte sowie die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen. Bei diesen Regelwerken handelt es sich um sogenanntes «Soft Law»: Die CSR-Standards sind für die Unternehmen nicht rechtsverbindlich. Die Unternehmen können sich freiwillig dazu verpflichten, gewisse Standards, Ziele oder Empfehlungen einzuhalten; sie müssen das aber nicht tun. Eine gewisse Bindungswirkung entfalten diese «Soft Law»-Regelwerke trotzdem, insbesondere indem sie die Erwartungen prägen, welche die Öffentlichkeit an die Unternehmen stellt.

Ausdruck davon ist die Haltung des Bundesrats, welche diese seit 2015 regelmässig in seinen CSR-Positionspapieren vertritt: Der Bundesrat erwartet von den Schweizer Unternehmen, dass sie internationale Standards und Prinzipien der verantwortungsvollen Unternehmensführung überall, wo sie tätig sind, einhalten. Weiter besteht international ein Trend, gewisse Aspekte klassischer Corporate-Social-Responsibility-Themen rechtsverbindlich im nationalen Recht zu regeln.

Trend hin zu mehr Verbindlichkeit

Freiwillig verpflichtendes «Soft Law» wird zunehmend mit rechtlich verbindlichem «Hard Law» verknüpft. Auch die Schweiz wurde von diesem Trend erfasst. In der Debatte um die Pflichten von Schweizer Unternehmen im Bereich Menschenrechte und Umweltschutz, welche im Rahmen des Abstimmungskampfs um die Volksinitiative «Für verantwortungsvolle Unternehmen – zum Schutz von Mensch und Umwelt» (Unternehmens- bzw. Konzernverantwortungsinitiative) und deren indirekten Gegenvorschlag geführt wurde, ging es letztlich um die Frage, wie weitgehend in diesem Bereich «Hard Law» geschaffen werden soll. Aber nicht nur internationale Organisationen und nationale Gesetzgeber haben sich dem Thema der gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen angenommen, auch zahlreiche Unternehmen bearbeiten selbst CSR-Themen. Insbesondere grössere Unternehmen und Unternehmen, welche ihre Angebote direkt an Endkunden richten, verfolgen regelmässig CSR-Programme, verfügen über einen entsprechenden Verhaltenskodex und erstellen Nachhaltigkeitsberichte.

Auf den ersten Blick mag diese freiwillige Selbstverpflichtung bzw. die freiwillige Befolgung von «Soft Law» erstaunen – aber eben nur auf den ersten Blick. Die Verfolgung von CSR-Aktivitäten kann für Unternehmen nämlich durchaus auch wirtschaftlich interessant sein. Unternehmen können durch die freiwillige Einhaltung von CSR-Standards sowie dem Einsatz dieses Arguments in der Produktplatzierung und in der Werbung ihre Wettbewerbsposition im Kampf um Kunden verbessern: Ein «ethisches Premiumprodukt » kann regelmässig zu höheren Preisen auf dem Markt abgesetzt werden. Weiter können CSR-Aktivitäten auch einen Beitrag zur Vermeidung von Reputationsrisiken leisten.

Unter anderem aufgrund der vorgenannten Aspekte erfreut sich der Einsatz von CSR-Themen in der Unternehmenskommunikation grosser Beliebtheit, was ein Besuch auf Unternehmenswebsites oder auch ein Fernsehabend zeigt: Die eine Schweizer Detailhandelsgrösse wirbt mit Nachhaltigkeitsversprechen an die heranwachsende Generation, die andere Schweizer Detailhandelsgrösse betont dagegen, im Bereich der Nachhaltigkeit auf Taten statt auf Worte zu setzen; auch ein aus der Werbung bekannter Bettwarenfabrikant thematisiert die Wahrnehmung seiner ökologischen Verantwortung, indem er hervorhebt, dass ausschliesslich die Federn von toten Tieren zur Herstellung seiner Duvets verwendet werden. Und kaum ein Automobilhersteller wirbt zurzeit nicht mit dem besonders ökologischen Modell seiner Produktpalette.

Manchmal trügt der Schein

Die Möglichkeiten und Schranken, welche für Unternehmen bei der Behandlung von CSR-Themen bestehen, werden durch den rechtlichen Rahmen definiert. In der Dissertation des Autors werden diese in Bezug auf das Schweizer Wirtschaftsrecht aufgezeigt. Einerseits werden dabei unternehmensinterne Fragestellungen thematisiert, etwa: Welchen CSR-Aktivitäten darf eine Aktiengesellschaft nachgehen? Wer hat über solche Aktivitäten zu beschliessen? In diesen Punkten stellt insbesondere das Gesellschaftsrecht Regeln auf. Etwa im Bereich der Spendentätigkeit von Unternehmen stellen sich spannende Abgrenzungsfragen. Andererseits werden auch Aspekte des Einsatzes von CSR-Botschaften in der Unternehmenskommunikation, insbesondere in der Werbung, beleuchtet. Im Bereich der Werbung mit CSR-Botschaften besteht beispielsweise die Gefahr, dass ein Unternehmen sich selbst und seine Produkte als besonders umweltfreundlich und sozial verantwortungsvoll darstellt, ohne tatsächlich entsprechende Massnahmen im Wertschöpfungsprozess zu implementieren. Dieses unerwünschte Phänomen wird als Greenwashing bezeichnet. Hier setzt etwa das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb Schranken.

 

Simon Leu

Lokale Unternehmen nehmen Verantwortung wahr, die sie andernorts nicht wahrnehmen müssten. Es ist an uns, die Rahmenbedingungen zu schaffen, damit unsere Unternehmen das auch in Zukunft rentabel tun können. So entsteht ein Gewinn für Unternehmen und Gesellschaft.

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